SCHUL-Präventions-Cafè am 13. Mai 2014

"(Online-)Junkies wie wir. Was uns und Kinder süchtig macht – und was wir dagegen halten können."

Unter dem Motto ‚Prävention, die anregt und schmeckt’ lud die Fachstelle Suchtprävention zu Vortrag, Expertenbeiträgen und Vernetzung ins Pfarramt von Bischofshofen ein; 55 Interessierte aus Schule und sozialpädagogischen Arbeitsfeldern fanden sich ein zu dieser spannenden „Fachveranstaltung mit Cookies“.

Ein an sich ruhiger Junge von 16 Jahren rastet aus, hat Schweißperlen im Gesicht und reagiert wie ein Alkoholiker, dem man die Flasche entrissen hat. Tatsächlich hatte ihm die Mutter seinen Computer weggenommen und entzog ihn damit vom Rausch der Spiele, Bilder und sozialen Netzwerke, dem er sich über Monate hingegeben hatte. Wie erklärt sich solch ein Verhalten?

Primar Dr. Kurosch Yazdi leitet die Suchtabteilung der Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg in Linz und behandelt jugendliche Alkohol- und Onlinesüchtige; als Autor veröffentlichte er das Sachbuch „Junkies wie wir“ (edition a, 2013).
In Bischofshofen sprach er über das „Junkie-Gen“ in uns, über die Verfügbarkeit und die verstörende Wirkung von „sozialen“ Drogen – und warum wir die Verhaltenssüchte nach wie vor besiegen können.
Diese galten auch in Expertenkreisen lange als „abnorme Angewohnheiten“ und nicht als Süchte (weil nicht enthalten im Klassifikationssystem der WHO, dem ICD 10), bis 2008 eine deutsche Studie (Grüsser-S.) einleuchtend nachwies, wie das dopaminerge Belohnungssystem auch bei Tätigkeiten wie Glücksspielen und Computerspielen ebenso alarmiert reagiert wie bei einem Suchtmittel.

Onlinesüchte unterteilt der Suchtexperte in vier Kategorien: Social Media, Online-Computerspiele, Internetsurfen und Online-Pornographie. Allen extrem ausgeführten Verhaltensweisen gemeinsam ist die Tatsache, dass sie sich in einer Illusion verlieren, die heißt „Ich bin nicht einsam!“.

Das Abschalten von der (Rollen-)Spielcommunity kommt einem „Verlust des Rudels“ gleich – etwas, das Buben und junge Männer in Zustände zwischen panischer Aggression und junge Frauen in ängstliche Depression versetzt.
Wie hoch ist die Häufigkeit dieser Suchterkrankung (die Prävalenz) einzuschätzen? Für Deutschland gilt ca. 4% der 14-24-Jährigen (bei 1% der 14- bis 64-Jährigen) – was einer Epidemie gleichkommt, so Dr. Yazdi.
Vor allem Kinder und Jugendliche leben in einem Spannungsfeld zwischen Bedürfnisbefriedigung, Identitätsfindung und Beziehungssuche. „Wenn unser Bedürfnis nach Beziehung nicht befriedigt wird, neigen wir zu Pseudobeziehungen wie Alkohol, Nikotin und Drogen oder virtuellen Beziehungen im Internet. Weil diese letztlich unbefriedigend erlebt werden, machen sie uns einsam – und krank!“, beschreibt Dr. Yazdi ein Szenario bedenklichen Ausmaßes.
Effektive Bremser für einen einzuleitenden Kulturwandel im Sinne der Suchtprävention wären demnach Wandel der sozialen Kultur (sind Friends das gleiche wie Freunde?), der Informationskultur (Was hat WhatsApp mit Information zu tun?), der Lernkultur für Kinder und Jugendliche (Werden Kinder wirklich erfolgreich durch Strategiespiele?) und der Beziehungskultur (weil es virtuelle Beziehungen nicht gibt).
Der Vortrag von Dr. K. Yazdi steht als pdf-Download zur Verfügung.

Wer bietet Beratung und Hilfe in Salzburg? Darüber informierte eine Salzburger Beratungsexpertin: MMag. Tina Eigenberger, die als Klinische Psychologin an der SALK-Spielsuchtambulanz Beratung bei Glücksspiel- und Computerspielsucht anbietet. Infos und Terminvereinbarung siehe www.salk.at

Auf ein wichtiges Gesundheitsangebot in der Region und darüber hinaus wies Prof. Dr. Josef Riedler, Leiter des Kinder- und Jugendspitals im Krankenhaus Schwarzach in seinem Input hin: Mit der neuen, multidisziplinär besetzten Clearingstelle und einem eigenen Jugendcoach finden ab dem Sommer Mädchen und Buben ab 12 Jahren Unterstützung für ihre Ängste und Probleme, ganzheitlich und auf Wunsch auch anonym.

Von Mag. Anne Arends von akzente erfuhr das Publikum einmal mehr Wissenswertes über schulische Prävention: Zu plus – dem Präventionsprogramm für die 10-14-Jähren bestätigt nun eine Evaluationsstudie die signifikanten Effekte von kontinuierlichen präventiven Sach- und Beziehungsinputs bei SchülerInnen, und zwar ihre schulischen Leistungen, ihre Selbsteinschätzung und ihr Konsumverhalten allgemein betreffend!
Mehr zu plusund anderen Schulangeboten >>

Zum Ausklang präsentierte Mag. Nicole Rögl-Höllbacher das neueste Produkt aus der Kreativschmiede von akzente Salzburg, die „Chamäleon-Cards“:
„So lange vor dem Bildschirm sitzen, bis die Augen glasig werden; in den Computer starren, bis man völlig „ident“ wird damit? Mit unseren Kartenmotiven zu Onlineshoppen, Computerspielen, Glücksspielen und Cybermobbing kann jede/r immer wieder auch Farbe zu bekennen, mal auf Pause schalten, muss nicht im Strom der Gleichen (ver)schwimmen. Mädchen und Burschen sollten sich öfters als einmalig und Glückskinder erleben!“.
Die 6 Chamäleon-Cards gibt’s kostenlos bei der Fachstelle >>

Das Team der Fachstelle dankt allen treuen und neuen Gästen für ihr Interesse und ihre Verbundenheit!

Eine Veranstaltung der Fachstelle Suchtprävention
in Kooperation mit der SALK/Spielsuchtambulanz und dem Landesschulrat/KISSalzburg

Informationen und Rückfragen:
akzente Fachstelle Suchtprävention im Land Salzburg
Mag. Nicole Rögl-Höllbacher, Leiterin
n.roegl@akzente.net, 0662/84 92 91-41
www.akzente.net/suchtpraevention

Wissen was wirkt – wir schaffen das Know-how für ein suchtfreies Leben!